Die Gruppenvergewaltigung einer Minderjährigen in Rio de Janeiro schockiert Brasilien: 33 Männer haben am vergangenen Wochenende in einer Favela im Osten von Rio de Janeiro eine 16-Jährige missbraucht, sich dabei gefilmt und die Aufnahme auf Twitter gepostet. In dem knapp 40-sekündigen Video soll nicht nur das offensichtlich betäubte, nackte und blutende Mädchen zu sehen sein. Einer der Vergewaltiger posiere vor seinem Opfer und halte schamlos sein Gesicht in die Kamera, heißt es in der brasilianischen Presse.

Das Video wurde vielfach geteilt und sorgte dafür, dass Hunderte Anzeigen gegen dessen Urheber bei der Staatsanwaltschaft von Rio de Janeiro eingingen. Vier Verdächtige hat die Polizei inzwischen identifiziert. Einer ist in dem Video zu sehen, ein weiterer ist der Freund des Opfers. Das Mädchen soll in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu dem 19-Jährigen nach Hause gegangen sein. Das Nächste, woran sie sich erinnere, sei das Aufwachen am Sonntag, eine Horde bewaffneter Männer über ihr. Zwei weitere Verdächtige sollen das Video auf Twitter geteilt haben. Auch dies will die Zivilpolizei von Rio bestrafen.

Dass die Männer sich filmten und den Beweis ihres Verbrechens bedenkenlos ins Netz stellten, sagt viel über die brasilianische Gesellschaft aus. Die Männer scheinen davon überzeugt gewesen zu sein, dass sie nicht bestraft werden. Sei es, weil die Strafverfolgung in Brasilien tatsächlich träge ist oder weil sie ihre Tat nicht einmal als Verbrechen ansehen. Ja, sie müssen sogar stolz sein auf das, was sie getan haben. Sie posteten das Video offensichtlich in der Absicht und Annahme, dafür „Likes“ zu bekommen, also gesellschaftliche Anerkennung.

Das zeigt, wie sehr Gewalt gegen Frauen in Brasilien naturalisiert ist. „In einer Machokultur ist ein Macho normal“, schreibt die Sozialwissenschaftlerin Maíra Kubík Mano im Onlineportal Ponte. Männer lernen in dieser Kultur, dass weibliche Körper für sie verfügbar sind.

Das gilt insbesondere für Länder, in denen die Ungleichheit der Geschlechter stark ausgeprägt ist. Länder wie Brasilien, wo Interimspräsident Michel Temer sämtliche Ministerien mit Männern besetzt hat. Wo Jair Bolsonaro, Abgeordneter der rechten Fortschrittspartei und Lieblings-Präsidentschaftskandidat der reichen Brasilianer, seiner Kollegin Maria do Rosário von der Arbeiterpartei ins Gesicht sagt: „Dich würde ich nie vergewaltigen, weil du es nicht verdienst.“

Das gilt aber auch für Länder wie Deutschland, in denen laut polizeilicher Kriminalstatistik jährlich rund 15.000 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung angezeigt werden. Nicht zu vergessen: Das Verfügen über den weiblichen Körper beginnt schon mit schamlosen Blicken, anzüglichen Bemerkungen und steigert sich über den Klaps auf den Po bis hin zur Vergewaltigung.

Erschienen am 28. Mai 2016 in RNZ Online